Nicht „niedlich“, sondern langfristig tückisch
Früh handeln heißt, mögliche lebenslange Sehschwäche vermeiden
Was im Alltag „Schielen“ heißt, ist eine dauerhafte oder auch immer wieder auftretende Augenfehlstellung (Strabismus). Schielende Kinder leiden doppelt – unter deutlich sichtbaren Folgen und unter schlechtem Sehen. Mit unkorrigiertem Sehfehler lernt das Auge das Sehen gar nicht erst, obwohl es eigentlich gesund ist. Oft ist eine lebenslange, schwere Sehschwäche (Amblyopie) die Folge. Denn weil ein Auge nicht „mitmacht“, steuert unser Gehirn gegen. Es schaltet das fehlgeleitete Auge ab, um Doppelbilder zu vermeiden. In der Folge hat das schielende eigentlich intakte Auge immer weniger zu tun – und wie bei einem selten benutzten Muskel schwindet die Sehkraft. Beidäugiges Sehen funktioniert nicht, was auch dreidimensionales Sehen verhindert. Das betroffene Kind kann viele Sportarten nicht ausüben, der Traumberuf bleibt oft unerreichbar. Ab dem dritten Lebensjahr sinken die medizinischen Möglichkeiten rapide, und im Schulalter ist eine normale Sehschärfe kaum noch erzielen.
Die Symptome
Neben anhaltendem Schielen ist auch ein Nicht-Fixieren-Können verdächtig. Dabei wandert der Blick eines Auges immer wieder von dem Gegenstand weg, den das Kind ansehen möchte. Weitere Symptome sind häufige Kopfschmerzen, brennende oder juckende Augen. Auch wenn sich das Kind oft die Augen reibt oder beim Spielen immer wieder mal danebengreift, kann eine mögliche Sehschwäche dahinterstecken. Andere Warnzeichen sind häufiges Blinzeln, Zwinkern und Zukneifen, ein Zittern der Augen, Lichtempfindlichkeit, Schiefhalten des Kopfes, Störungen beim Lesen, Leseunlust, mangelnde Konzentration und schnelles Ermüden. Wichtig zu wissen ist, dass sich im Kleinkindalter oft gar keine Hinweise auf Sehschwächen zeigen. Als sehr sinnvolle Ergänzung der gewöhnlichen U7A-Untersuchung ist ein augenärztlicher Check im Alter zwischen 30 und 42 Monaten dringend zu empfehlen.
Früherkennung
Das Handeln der Eltern ist der Schlüssel und aufmerksame Beobachtung durch nichts zu ersetzen. Wir bieten die völlig schmerzfreie Untersuchung der kindlichen Augen an und möchten dazu ermutigen, diese zu nutzen – wir können damit viel früher mehr aufdecken. Bei den gesetzlich vorgegebenen U1 bis U7A werden nur 10 % aller Sehschwächen und Fehlstellungen bemerkt. In speziellen Kindersprechstunden können wir die augenärztlich-orthoptische Untersuchung durchführen – und das mit der nötigen Zeit und zusätzlichem Einfühlungsvermögen. Mit verschiedenen Sehschärfetests beurteilen wir die Zusammenarbeit beider Augen. Zudem messen wir mögliche Fehlsichtigkeiten und untersuchen den Augenhintergrund, um auch Details zu erkennen.
Behandlungsmethoden
Neben der – oft schon sehr wirksamen – Sehkorrektur mit einer Brille ist die Okklusionstherapie, auch „Abklebtherapie“, erste Wahl. Dabei deckt ein spezielles, kinderfreundliches Pflaster das bessere Auge ab, um das schwächere zu trainieren. Das Auge wird nie dauerhaft, sondern immer nur in individuell geplanten Intervallen verschlossen. Diese sehr wirksame Methode kann nur mit viel positiver Motivation funktionieren. Denn das Zukleben eines Auges, das doch immer genutzt wurde, ist erst einmal unangenehm. Moderne Pflaster sind jedoch meist komfortabel und sympathisch gestaltet, so dass sie oft auch mit Stolz getragen werden. Wichtig ist dabei, dass eine verordnete Brille wirklich jederzeit getragen wird. Ein Pflaster darf auch nicht „zwischendurch kurz mal“ abgenommen werden.
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